© Minze Tummescheit

Urban Solutions

Deutschland 2022 | Experimentalfilm, Dokumentarfilm | Deutsch/ brasilianisches Portugiesisch m. dt. UT | 29:47 min. | FSK 0
Nominierung in der Kategorie Experimentalfilm bis 30 Minuten Laufzeit

Regie, Buch: Arne Hector, Vinícius Lopes, Luciana Mazeto, Minze Tummescheit
Kamera: Minze Tummescheit
Schnitt: Minze Tummescheit, Arne Hector
Darsteller*innen: Ivo Alexandre Junior, Sandra Dani, Heinz Limaverde, Ivo Medeiros, Alvaro RosaCosta, Martin Clausen, Zé de Paiva
Produktion: Minze Tummescheit, Arne Hector (cinéma copains)

Während der Kolonialzeit bereist ein europäischer Künstler Brasilien und berichtet in Briefen und Zeichnungen von seinen Eindrücken. 200 Jahre später starrt ein Portier auf die Bilder der Überwachungskameras und denkt über seinen Beruf und das Verhältnis zu seinen Arbeitgebern nach. Alles scheint in bester Ordnung. Bis die Bilder des europäischen Künstlers auftauchen und mit ihnen die Albträume der Vergangenheit. Ist es nur ein Albtraum, oder ist es ein Aufruf zur Revolte?

Jurybegründung:
In URBAN SOLUTIONS verquickt das Regiequartett Tummescheid / Hector / Lopes / Mazeto unterschiedliche Perspektiven und Quellen auf das zeitgenössische Brasilien. Eingesprochene Notizen eines Reisetagebuchs mit einem eindeutig historisch-eurozentrisch-kolonialem Blick werden mit Zeichnungen aus der Zeit der Sklaverei, dokumentarischen Blicken auf die Stadt heute und Bildern moderner Sicherheitstechnik verknüpft. Die Reflektionen eines Sicherheitsbeamten, eines Porteiros, verdichten sich zu einem Sog– der Angelus Novus hat seine Schwingen der Geschichte ausgebreitet. Die Bewachung des Eigentums steht exemplarisch für die Auswirkungen der Kolonialgeschichte, die bis heute die Verhältnisse in Brasilien manifestiert. „O dia em que o morro descer e não for carnaval – The day the hill comes down and it's not carnival, singt Wilson das Neves und beschreibt damit eine sehr konkrete Angst in Brasilien. Der Porteiro hat das Prinzip der Ausbeutung und Verstetigung von Macht und Besitz längst verstanden – es geht um die Entscheidung. Die Entscheidung fällen am Ende beide: Regiequartett und Porteiro und führen uns damit in eine neue Ära des engagierten dokumentarischen Arbeitens.

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cinéma copains & Pátio Vazio

(c) Minze Tummescheit
Arne Hector und Minze Tummescheit arbeiten seit 2000 unter dem Namen cinéma copains zusammen. In ihren experimentell-dokumentarischen Arbeiten, die Vorträge, Performances, Installationen und Filme umfassen, reflektieren sie gesellschaftliche und wirtschaftliche Themen. Auf Grundlage interdisziplinärer künstlerischer Recherchen überschreiten ihre Arbeiten die klassischen Genregrenzen und sind sowohl auf
Filmfestivals als auch in Kunstausstellungen vertreten.

Luciana Mazeto und Vinícius Lopes sind Mitbegründer der südbrasilianischen Produktionsfirma Pátio Vazio. Ihre Arbeit an Kurz- und Spielfilmen basiert auf historischen und sozialen Recherchen, wobei sie konsequent fiktionale Narrative und dokumentarische Essays mischen.

Pátio Vazio und cinéma copains trafen sich erstmals 2015. Seitdem haben sie an verschiedenen Kunst- und Filmprojekten zusammen gearbeitet und viele Stunden miteinander in der Dunkelkammer, am Animationstisch und an den Kopiergeräten von LaborBerlin verbracht, einem unabhängigen, von Künstlern geführten Filmlabor in Berlin. urban solutions ist ihr erstes gemeinsames Filmprojekt.